Österreichs Wehrbereitschaft

Autor:innen

Franz Eder

Martin Senn

Erstellt

25.02.2025

Schlüsselwörter

Landesverteidigung, Neutralität, Wehrbereitschaft

“Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.”

Immerwährend neutral

Österreich hat sich im Jahr 1955 durch die Verabschiedung des Neutralitätsgesetzes dazu verpflichtet, dass es seine Neutralität mit “allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen” wird.


Bundesgesetzblatt vom 4. November 1955: Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs, (Quelle: Wikipedia)


Nach dem Vorbild der Schweiz hat Österreich also den Status der permanenten und bewaffneten Neutralität angenommen. Im Jahr 1975 hat es die “umfassende Landesverteidigung” in Artikel 9a des Bundes-Verfassungsgesetzes verankert. Diese dient “insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität”.

Militärische Landesverteidigung

Die politische Umsetzung dieser Pflicht zur Landesverteidigung blieb jedoch stets halbherzig und zögerlich. Vor allem nach dem Ende des Ost-West Konflikts stagnierten die Ausgaben für die militärische Landesverteidigung (mit dem niedrigsten Stand von 0,7 % des BIP im Jahr 2015 - SIPRI Military Expenditure Database), wobei Österreich hier keine Ausnahme unter den europäischen Ländern war. Krieg und militärische Verteidigung schienen der Vergangenheit anzugehören. Während das Verteidigungsbudget schrumpfte, wurde das Anforderungsprofil an das Bundesheer erheblich ausgedehnt (Frank 2022).

In Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine sprachen sich alle politischen Parteien für eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben Österreichs aus. Die Zielgröße ist nun 1,5 des BIP und die militärische Ausrüstung und Infrastruktur sollen durch einen Beschaffungsplan, den “Aufbauplan 2032+”, verbessert werden.

Angesichts dieser höheren Verteidigungsausgaben und der Verbesserungen militärische Ausrüstung und Infrastruktur stellt sich auch die Frage, wie es um die Bereitschaft der österreichischen Bevölkerung zur Verteidigung des Landes aussieht?

Die Wehrbereitschaft der Österreicher:innen

In der Forschung wird immer noch überwiegend die “willingness to fight” untersucht, also die Bereitschaft, das Land mit der Waffe in der Hand zu verteidigen (Simon u. a. 2024; Onderco, Wagner, und Sorg 2024). In unserer Studie verwenden wir jedoch das breitere Konzept einer “willingness to defend”, also einer Bereitschaft, einen Beitrag zur Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag kann von der Verteidigung mit der Waffe, über andere Beiträge zur militärischen Verteidigung (wie Versorgung von Verwundeten oder Arbeit an Verteidigungsanlagen) und Beiträge zum Zivilschutz bis hin zum zivilen Widerstand gegen eine Besatzungsmacht reichen.

Zunächst haben wir gefragt, ob Österreich im Fall eines bewaffneten Angriffs Widerstand leisten soll. Die Hälfte der Befragten hat dies bejaht. Zum Vergleich: In Schweden lag dieser Wert lange Zeit stabil bei über 70 % (Ja absolut/ja vielleicht, siehe MSB (2020), 136). In Finland hat sich dieser Wert ebenfalls lange Zeit im Bereich von 70 bis 80 Prozent bewegt, nahm ab 2012 ab und seit 2022 stark zu (siehe The Advisory Board for Defence Information 2024, 31).

Blickt man auf die individuelle Bereitschaft, einen Beitrag zur Verteidigung zu leisten, so zeigt sich, dass die Bereitschaft zur Verteidigung mit der Waffe eher gering ist (14 % der Befragten). Der Anteil der Person, die einen Beitrag mit der Waffe oder einen anderen militärischen Beitrag leisten würden, und der Personen, die zur zivilen Verteidigung oder zivilem Widerstand beitragen würden, hält sich ungefähr die Wage (33 % zu 38 %). 15 Prozent der Befragten würden keinen Beitrag zur Verteidigung leisten.

Besser einordnen lässt sich diese Ergebnis durch einen Blick auf andere Staaten, den uns der World Values Survey und der European Values Survey ermöglichen. Österreich reiht sich also in die Gruppe der Staaten ein, in denen die Bevölkerung nur eine geringe Bereitschaft zur Verteidigung mit der Waffe hat.