Österreich und seine Nachbarn

Autor:innen

Franz Eder

Martin Senn

Erstellt

03.03.2025

Schlüsselwörter

Außenbziehungen, Nachbarschaftspolitik, Selbstbild

Eine tragende Säule der österreichischen Außenpolitik “ist die bilaterale und multilaterale Nachbarschaftspolitik, mittels derer Österreich versuchte, sein regionales und globales Umfeld zu stabilisieren.”

Außenbeziehungen

Ein zentraler Teil der staatlichen Außenpolitik sind die Beziehungen, die ein Staat mit anderen Staaten unterhält. Um diese “bilateralen Beziehungen” zu pflegen, entsenden Staaten Botschafter:innen in andere Staaten und treffen sich Repräsentant:innen von Staaten (z.B Staats- und Regierungschefs oder Minister:innen) zu Gesprächen und Verhandlungen (siehe hierzu Rozental und Buenrostro (2013)).

Antrittsbesuch der Schweizer Bundespräsidentin in Österreich am 17. Jänner 2025, (Quelle: Präsidentschaftskanzlei)


Wir haben gefragt, zu welchen Staaten Österreich gute Beziehungen unterhalten soll. Hier zeigt sich eine Tendenz für die direkten Nachbarn und den Europäischen Raum mit Werten über 50 % (Deutschland, Italien) und den euro-atlantischen Raum mit Werten über 40 % (Deutschland, Italien, Frankreich, USA und Großbritannien). Während Österreich aus Sicht von immerhin 32 % der Befragten gute Beziehungen zu China unterhalten soll, liegt dieser Wert bei Russland lediglich bei 20 %.

Auffallend ist, dass der Wunsch nach guten Beziehungen zum Staat Israel mit rund 20 % ebenfalls vergleichsweise schwach ausgeprägt ist. Die Bevölkerung scheint bei der Positionierung zu den Beziehungen mit Israel demnach wesentlich verhaltener zu sein als die politischen Repräsentant:innen Österreichs, die seit einigen Jahren bemüht sind, die bilateralen Beziehungen zu verbessern (Harrer 2022).

So erklärte der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz im Rahmen eines Israel-Besuchs im Juni 2018: “Als Österreicher werden wir Israel unterstützen, wann immer es gefährdet ist. Das ist die moralische Verpflichtung Österreichs und das ist auch im Interesse meines Heimatlandes.” (Quelle: Bundeskanzleramt)

Untersucht man, ob das Wahlverhalten die Präferenzen für gute Beziehungen beeinflusst, so zeigt sich, das Wähler:innen der FPÖ wie auch der ÖVP eine etwas stärkere Präferenz für gute Beziehungen zu Russland haben als Wähler:innen anderer Parteien.

In den Außenbeziehungen eines Staates spielen vor allem die unmittelbar angrenzenden Staaten ein wichtige Rolle und dies im guten wie im Schlechten. Staaten können mit ihren Nachbarn sehr enge und gute Beziehungen auf Basis geteilter Kultur und Sprache sowie wirtschaftlichem Austausch haben, oder aber konfliktbehaftete oder gewalttätige Beziehungen durch Konflikte über Territorium, Ressourcen oder Prestige. Der amerikanische Konfliktforscher John A. Vasquez (1995) kam daher zu dem Befund: Die meisten zwischenstaatlichen Kriege werden zwischen Nachbarn ausgetragen oder beginnen zwischen ihnen”.

Spannend hierbei ist zu sehen, dass die Österreicher:innen (unabhängig davon, in welchem Bundesland sie leben) vor allem gute Beziehungen zu ihren westlichen Nachbarstaaten (Deutschland, Liechtenstein und Schweiz) haben wollen.

Außenbild

Die Beziehungen zu anderen Staaten werden schließlich auch durch das Bild beeinflusst, das ein Staat über sich gegenüber anderen Staaten zeichnet. In der Forschung wird hierzu der Begriff des nation-brandings verwendet (siehe dazu Dinnie (2015); Viktorin u. a. (2018)).

In Österreich wurde im Jahr 2012 ein Prozess zur Entwicklung einer international wettbewerbsfähigen Marke Österreich gestartet, an dem der britische Politikberater Simon Anholt federführend beteiligt war, der das Konzept des nation brandings international bekannt gemacht hatte. Das Strategie, das aus diesem Prozess hervorging, wurde im August 2013 im Ministerrat beschlossen und betonte vor allem die Rolle Österreichs als “Brückenbauer für die Welt” (siehe hierzu Prantner (2014)).


Im Rahmen der AFP3-Befragung haben wir erhoben, welches Bild Österreich von sich nach außen vermitteln soll. Es zeigt sich dabei eine Präferenz für ein Bild Österreichs als sportliches und gastfreundliches Land, das sich international für Frieden engagiert, indem es intakte Natur gibt und das ein Ort der Kultur ist.

Weitere Infos

Wer noch mehr zu diesem Thema erfahren will, kann die Beiträge im Handbuch Außenpolitik Österreichs im Abschnitt “Staaten, Regionen, Internationale Organisationen” lesen oder uns direkt kontaktieren.

Literatur

Dinnie, Keith. 2015. Nation Branding. London: Routledge. https://doi.org/10.4324/9781315773612.
Harrer, Gudrun. 2022. „Die Außenpolitik gegenüber dem Nahen und Mittleren Osten sowie der Türkei“. In Handbuch Außenpolitik Österreichs, herausgegeben von Martin Senn, Franz Eder, und Markus Kornprobst, 579–612. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37274-3_27.
Prantner, Christoph. 2014. „Nation Branding – Die (Selbst-)Wahrnehmung Österreichs als Brückenbauer“. Strategie und Sicherheit 2014 (1). https://doi.org/10.7767/sus-2014-0163.
Rozental, Andrés, und Alicia Buenrostro. 2013. „Bilateral Diplomacy“. In The Oxford Handbook of Modern Diplomacy, herausgegeben von Andrew Cooper, Jorge Heine, und Ramesh Thakur. Oxford: Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780199588862.013.0013.
Senn, Martin, Franz Eder, und Markus Kornprobst. 2022. „Die Außenpolitik Österreichs in der Zweiten Republik: Befunde und Empfehlungen“. In Handbuch Außenpolitik Österreichs, herausgegeben von Martin Senn, Franz Eder, und Markus Kornprobst, 777–91. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-37274-3_37.
Vasquez, John A. 1995. „Why Do Neighbors Fight? Proximity, Interaction, or Territoriality“. Journal of Peace Research 32 (3): 277–93. https://www.jstor.org/stable/425665.
Viktorin, Carolin, Jessica Gienow-Hecht, Annika Estner, und Marcel K. Will, Hrsg. 2018. Nation Branding in Modern History. New York und Oxford: Berghahn Books. https://doi.org/10.3167/9781785339233.


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